Aktueller Stand der regulatorischen Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit in der EU

Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) nehmen Unternehmen zunehmend unter die Lupe.

In den letzten Jahren hat die Europäische Kommission Praktiken und Auswirkungen nachhaltiger Finanzen bewertet. Dies bezieht sich vor allem auf den Prozess der gebührenden Berücksichtigung von ESG-Faktoren bei Anlageentscheidungen im Finanzsektor, was zu vermehrten, längerfristigen Investitionen für nachhaltiges Wirtschaften und Projekte führen soll.

Diese Bemühungen folgen der Verpflichtung der EU:

  • Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu erreichen und
  • Zur Einhaltung verschiedener internationaler Vereinbarungen, wie z. B. des Pariser Klimaabkommens.

Alle UN-Mitgliedstaaten haben 2015 die Agenda 2030 und die SDGs verabschiedet. Die SDGs fordern alle Nationen auf, wirtschaftlichen Wohlstand, soziale Inklusion und ökologische Nachhaltigkeit mit friedlichen Gesellschaften zu verbinden und sind auf das Jahr 2030 ausgerichtet.

Die SDGs sind mit dem Pariser Klimaschutzabkommen verknüpft, das in SDG 13 verankert („Maßnahmen zum Klimaschutz“) und auf Klimaneutralität bis 2050 ausgerichtet ist, was große Fortschritte bis 2030 erfordert.


Fortschritte der EU bei der Umsetzung der SDGs/ESG-Ambitionen

2019 verpflichtete sich Europa als erster Kontinent im Rahmen des European Green Deal zur Klimaneutralität bis 2050. Seitdem hat die Europäische Kommission eine Reihe von Vorschlägen angenommen, um die Klima-, Energie-, Verkehrs- und Steuerpolitik der EU fit zu machen, um die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren. Einige dieser Vorschläge sind bereits Gesetz geworden, andere werden es in Kürze sein.

Beispielsweise verpflichtet das EU-Klimagesetz (Verordnung (EU) 2021/1119) die EU-Staaten dazu, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu reduzieren, die erste rechtlich verbindliche Verpflichtung dazu weltweit.

Die Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten (mit gestaffelten Geltungsdaten je nach Verpflichtung und Adressat) und ermöglicht ein europaweites Umweltzeichen für Finanzprodukte.

Die Verordnung fungiert als gemeinsames Bezugsverzeichnis für die Anforderungen an die nachhaltige Berichterstattung von Unternehmen. Es verpflichtet auch Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte anbieten, dieses Verzeichnis einzuhalten. Hierzu waren und sind verschiedene Umsetzungsgesetze (sog. delegierte Rechtsakte) in Vorbereitung.

Um den Geldfluss für nachhaltige Aktivitäten in der gesamten Europäischen Union zu verbessern, hat die Europäische Kommission am 21. April 2021 das Sustainable Finance Package angenommen.

Eine der vorgeschlagenen Maßnahmen innerhalb des Pakets ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist.

Die CSRD erweitert den Anwendungsbereich und die Berichtspflichten der bereits bestehenden Non-Financial Reporting Directive (NFRD).

Sie soll sicherstellen, dass Unternehmen zuverlässige und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen melden, um Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen auszurichten.

Es verlangt von Unternehmen innerhalb seines Geltungsbereichs, dass sie gemäß den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) unter einer doppelten Wesentlichkeitsperspektive berichten.

Wichtige legislatorische Entwicklungen

Während sich die EU bis vor kurzem stark auf das „E“ von ESG konzentriert hat, gewinnen „S“ und „G“ zunehmend an Bedeutung. Auch auf EU-Ebene hat sich Nachhaltigkeit in der Lieferkette zu einem wichtigen Thema im Jahr 2022 entwickelt, wobei Unternehmen zunehmend unter Druck geraten, Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihren Wertschöpfungsketten zu identifizieren und anzugehen.

So zum Beispiel die vorgeschlagene Verordnung über entwaldungsfreie Produkte, die die letzte Phase des Gesetzgebungsverfahrens erreicht hat und in Kürze in Kraft treten wird.

In den Anwendungsbereich fallende Unternehmen müssen eine Due-Diligence-Prüfung durchführen, um sicherzustellen, dass Waren, die auf den EU-Markt gebracht werden, „entwaldungsfrei“ sind. Das heißt, sie dürfen nicht auf Flächen produziert worden sein, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt oder degradiert wurden. Händler und Unternehmer, die Produkte auf den EU-Markt bringen, darunter Soja, Palmöl, Kakao, Rindfleisch, Kaffee oder Holz, müssen die Rückverfolgbarkeit bis zur Parzellenebene sicherstellen und einen Nachweis über die Einhaltung dieser neuen Anforderungen vorlegen.

Von enormer Bedeutung ist der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Corporate Sustainability Due Diligence-Richtlinie, die, wenn sie in ihrer jetzigen Form angenommen wird, ähnliche Pflichten wie das deutsche Lieferketten-Sorgfaltspflichtgesetz einführen wird, aber noch weitgehender ist hinsichtlich Umfang der Pflichten als auch Rechtsfolgen.

Sie verlangt von betroffenen Unternehmen (einschließlich Nicht-EU-Unternehmen, sofern sie bestimmte Umsätze in der EU erzielen und/oder in bestimmten Sektoren mit hoher Umweltbelastung tätig sind), Risikomanagementsysteme einzurichten, um Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu erkennen.

Wenn Risiken oder tatsächliche Verstöße oder Schäden festgestellt werden, muss das Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese Verstöße und Schäden zu verhindern, zu beenden oder zu minimieren. Diese Pflichten gehen über die eigenen Geschäftstätigkeiten eines Unternehmens hinaus und umfassen auch die seiner direkten Lieferanten und unter bestimmten Umständen auch seiner indirekten Lieferanten.

Darüber hinaus verpflichtet das EU-Recht betroffene Unternehmen dazu, von ihren direkten Lieferanten vertragliche Zusicherungen einzuholen, dass sie den Verhaltenskodex des Unternehmens und gegebenenfalls alle eingeführten Aktionspläne einhalten, um nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu verhindern .

Diese Lieferanten werden aufgefordert, entsprechende vertragliche Zusicherungen von ihren eigenen Geschäftspartnern einzuholen.

Zu den Sanktionen bei Nichteinhaltung gehören Geldstrafen sowie zivilrechtliche Haftungsansprüche.


Schlussfolgerungen

Obwohl komplex und manchmal schwer nachzuvollziehen, stehen die Regulierungsrahmen der EU für Nachhaltigkeit im Einklang mit der Verpflichtung der EU, die Agenda 2030 der Vereinten Nationen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, und werden sich rasant weiterentwickeln, um neue Herausforderungen und Chancen anzugehen.

Hier gilt es: Am Ball bleiben!

 

Dr. Alexandra von Westernhagen

Partner, Keystone Law

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