Warum Wärmepumpen alternativlos für die Energiewende sind
- Bastian Gierull
- 15. August 2024
- BCCG Commentary
Wärmepumpen sind die Zukunft des Heizens – sie arbeiten nicht nur klimafreundlich, sondern auch effizienter als Öl- und Gasheizungen: Hier sind sich Energie- und Heizungsexperten einig. Umso erstaunlicher ist es, dass die Wärmepumpe zum größten Streitpunkt der aktuellen Regierung wurde. Eine Technologie, die wir seit 70 Jahren in jedem deutschen Haushalt nutzen – in Kühlschränken – wird plötzlich diskutiert wie eine Raketenwissenschaft.
Dabei ist es wichtig, dass wir konsequent auf nachhaltiges Heizen umsteigen. In einem durchschnittlichen Haushalt machen Wärme und Warmwasser 85 Prozent des Energieverbrauchs aus. Selbst wenn jede Glühbirne mit grünem Strom läuft, bleibt ein Haushalt deshalb klimaschädlich, solange man mit Öl oder Gas heizt. Im Kampf gegen den Klimawandel ist der Umstieg alternativlos.
Wärmepumpen sind schon lange kein Öko-Projekt für grüne Weltverbesserer mehr. Mit steigenden CO2-Preisen und fortschreitender Entwicklung sind sie viel günstiger im Betrieb und rechnen sich im direkten Kosten-Vergleich mit Öl- oder Gasheizungen schon nach der Hälfte ihrer Lebenszeit. Ein Gasboiler arbeitet mit einem Wirkungsgrad von circa 90 Prozent, wandelt die Energie aus dem Gas also nicht einmal eins zu eins in Wärme um. Dagegen kommt eine Wärmepumpe im Schnitt auf einen Wirkungsgrad von 4. Sie erzeugt also für jede Kilowattstunde Strom das Vierfache an Wärmeenergie. So spart ein Haushalt mit einer Wärmepumpe selbst bei konservativen Annahmen der Entwicklung von Strom- und Gaspreisen mehr als 10.000 Euro über die gesamte Lebensdauer der Pumpe. Dabei ist noch nicht einkalkuliert, dass die Gas- und Ölpreise deutlich anfälliger für unvorhersehbare Schwankungen, etwa durch Kriege oder geopolitische Verwerfungen sind. Mit einem ständig steigenden Anteil an erneuerbarer Energie, wird der Strompreis in Europa dagegen immer günstiger.
Trotzdem sind viele Menschen in Deutschland zurückhaltend. Die Absatzzahlen bleiben noch weit zurück hinter dem Ziel von 500.000 Wärmepumpen pro Jahr, das die Regierung ausgerufen hat. In einer repräsentativen Studie unter Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern haben wir gefragt, warum das so ist. Das Ergebnis: Vom politisch geladenen Diskurs im letzten Jahr bleibt unglaublich viel Missinformation zurück. Ein Großteil der Befragten schätzte den Anschaffungspreis auf mehr als 30.000 Euro – wir installieren im Schnitt für unter 9.000 bis 15.000 Euro nach Förderung. Zudem halten sich hartnäckige Mythen, etwa dass Wärmepumpen nicht für den Altbau geeignet sind – wir installieren einen Großteil unserer Pumpen im Altbau, zuletzt etwa in einem Haus von 1860 – oder, dass Wärmepumpen bei Minusgraden nicht mehr ausreichend heizen – obwohl die meisten Wärmepumpen pro Kopf im bitterkalten Skandinavien stehen.
Deshalb lautet die erste Antwort darauf, was wir tun können, um den Umstieg zu beschleunigen: Aufklärung! Hier können wir von Großbritannien lernen, wo es zum Beispiel ein Projekt gibt, bei dem Interessierte bestehende Wärmepumpen-Besitzerinnen und -besitzer besuchen können. Denn wer einen oder zwei Winter mit der neuen Heizung geheizt hat, sieht, dass das Haus weiterhin wohlig warm bleibt und dass die Kostenrechnung aufgeht. Auf ähnliche Angebote setzen wir jetzt auch in Deutschland, denn die Entscheidung für eine neue Heizung darf nicht zur politischen Glaubensfrage werden. Wer jetzt noch eine neue Öl- oder Gasheizung gekauft hat, wurde angelogen.
Ein weiterer Faktor bleibt der Strompreis. Deutschland ist in puncto Stromkosten für Privathaushalte einer der traurigen Spitzenreiter in Europa. Mit der Mehrwerts- und Stromsteuer zahlen wir Steuern auf Steuern und Deutschland finanziert einen wesentlichen Teil der Strominfrastruktur direkt aus Umlagen auf dem Strompreis – mit der Umlage für neue fossile Backup-Kraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie der Ampel soll sogar noch eine zusätzliche Umlage dazu kommen. Das ist nicht nur fatal für alle, die heute schon Schwierigkeiten haben, ihre Stromrechnung zu bezahlen. Es schadet auch dem Umstieg auf klimafreundliche Technologie – allen voran Wärmepumpen und E-Autos.
Zuletzt müssen wir Wärmepumpen zukünftig intelligenter in unser Stromnetz integrieren und ihre Flexibilität nutzen. Die aktuell geplanten Backup-Gaskraftwerke benötigen wir überhaupt erst, weil die Netzbetreiber befürchten, dass Wärmepumpen während Dunkelflauten das Netz überlasten könnten. Also sollen zu solchen Zeiten teure Kraftwerke zugeschaltet werden. In UK gibt es solche Kraftwerke schon, aber die Briten gehen einen günstigeren Weg: Sie verlagern ihren Verbrauch, wann immer Engpässe anstehen. Das funktioniert zum Beispiel mit Wärmepumpen. Diese müssen nicht 24 Stunden pro Tag aktiv sein, sondern heizen auch im Normalbetrieb in Intervallen. Deshalb ist es möglich, intelligent zu steuern und so zu günstigen Zeiten vorzuheizen. Das entlastet nicht nur unser Stromnetz, sondern führt auch zu deutlich niedrigeren Stromkosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Voraussetzung dafür ist übrigens ein Smart Meter, ein intelligenter Stromzähler. In Großbritannien hängt dieser in drei von vier Haushalten – in Deutschland liegt die Abdeckung bei unter 2 Prozent.
Die Energiewende ist auf einem guten Weg. Wärmepumpen sind ein perfektes Beispiel dafür, dass Energie in Zukunft nicht nur grüner, sondern auch günstiger wird. Diesen Weg muss Deutschland jetzt aber auch konsequent zu Ende gehen. Wir haben keine Zeit zu verlieren und der Klimawandel wartet auf niemanden.
Bastian Gierull
CEO, Octopus Energy Germany